Neujahrsempfang 8. Januar 2012, Rede von Dr. Dieter Schittenhlem

Neujahrsgruß 2012

Liebe Mitbürger und Mitbürgerinnen

Das gesellschaftliche Umfeld im vergangenen Jahr war nicht einfach. Vieles, was technisch oder ökonomisch als unumstößlich erschien, wurde auf einmal in Frage gestellt und führte zu tief greifender Verunsicherung. Umso mehr danken wir Ihnen herzlich, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, für ihren Anteil, dass im sozialen Miteinander unsere Stadtgemeinschaft weiter gewachsen ist. Dafür gebührt den Kirchen, den Schulen und den Vereinen ein herzliches Danke schön. Danke auch den vielen im Verborgenen wirkenden guten Geistern, die nachbarschaftlich oder als helfende Hände unseren Mitmenschen beigestanden haben. Das Ergebnis der STEG-Umfrage, dass über 90% der Befragten mit der Stadt und ihrem Umfeld sehr zufrieden sind, erfüllt den GR mit Stolz. Haben wir doch die richtigen Rahmenbedingungen dafür geschaffen.

Täglich, ja stündlich werden wir mit Nachrichten überhäuft. Diese pflegen besonders das Negative zu berichten. Katastrophen und Horrormeldungen werden von den Agenturen gespeist und uns vorgeworfen. Es sind überwiegend schlimme Nachrichten, die wir ertragen müssen, müssen oder sollen wir uns danach richten, nach diesen Nach – richten? Sind wir deshalb ein Volk von Jammerlappen geworden, obwohl wir auch einen Frontallappen im Hirn haben, fragt der Arzt von Hirschhausen. Diese Haltung sei nicht angeboren, sondern sie wird entwickelt, wenn man sich dem Jammern und Klagen anschließt.

Aufgrund von solchen Erfahrungen entstehen also Haltungen. Eine Haltung, die wir eigentlich nicht wollen. Und eine solche Haltung zu ändern, auch wenn wir es gerne wollten, ist hirntechnisch nicht möglich. Die Hirnforschung zeigt uns einen Weg, zu dem ich sie im neuen Jahr einladen möchte. Man kann einen Menschen, wenn wir möchten, dass er sich verändert, nur dazu einladen. Wenn das nicht reicht, ermutigen. Und wenn das immer noch nicht reicht, versuchen ihn zu inspirieren. Einladen, ermutigen und inspirieren. Das soll die Maxime für 2012 sein, für die ich sie mitnehmen möchte. Denn wir leben in einer Gemeinschaft, wir leben in Holzgerlingen. Wir müssen die Art und Weise verändern, in der wir miteinander umgehen Wir müssten unseren Mitbürgern die Möglichkeit geben, dazu zu gehören und gleichzeitig ihre eigenen Entfaltungsmöglichkeiten entdecken zu können. Diesen Weg haben wir z.T. schon beschritten Also: wir haben sie dazu eingeladen, unsere Zukunft mitzugestalten, die STEG ist dazu ein wunderbares Beispiel. Wir haben sie dazu eingeladen. In dieser sogenannten individualisierten Gemeinschaft hat jeder mit seinen besonderen Fähigkeiten einen besonderen Platz und solche individualisierten Gemeinschaften funktionieren nur dann, wenn diese Gemeinschaft weiß, wo sie hin will. Der 2. Schritt ist etwas schwieriger. Ermutigen. Dem Bürger Mut machen, ihn ermutigen, dazu gehört dann auch die Begeisterung, sich für eine Aufgabe zu begeistern. Im Sonntagsblatt einer Landeskirche lesen wir: Die Generation 65 -75 müsste ein freiwilliges soziales Jahr machen. Es ist schön, wenn sich nun auch populäre Leute dieser Idee nähern. Das Ehrenamt steht dafür. Dazu möchte ich sie ermutigen.

Der Weihnachtsbrief eines noch im Amt befindlichen Pfarrers, der mich erreichte, beginnt mit dem Seufzer: wir werden regiert von Nullen!- ich hoffe (nicht), dass er da nur die Millionen und Milliarden meinte. Ich habe mich im vergangenen Jahr öfters auch als Wutbürger gefühlt, angefangen bei der Auswahl der Nachrichten in den abendlichen Fernsehsendungen. Ich habe freilich auch des öfteren an die Anforderungen, Anstrengungen und Anfeindungen gedacht, denen eine Kanzlerin ausgesetzt ist und auch an die anderen Menschen, die Verantwortung für die Gesellschaft tragen. Die allgemeine Frage dabei: Ist das, was wir an komplexer Welt aufgebaut haben, noch zu steuern? Man könnte die Frage ja für viele Bereiche variieren- für Erdbeben, Tsunamis, Kernkraftwerke, für den Umgang moderner Menschen mit ihren archaisch sexuellen und aggresiven Antrieben, für den Umgang mit steigerbarem Profit und der Verantwortung. Die Komplexität und Geschwindigkeit der Prozesse kann nur ungläubiges Staunen auslösen. Selbst der Altkanzler H. Schmid stellt resignierend fest und bekennt, dass Derivate und Co. er auch nicht mehr durchschaut. Und dass in Bruchteilen von Sekunden Millionen, ja Milliarden eingesetzt und verloren werden können… Wer kann das, wer darf das? Und kann man das evtl. „zurückdrehen“? So drängen sich Fragen für uns auf Wer in unserer Stadt kann daran Interesse haben, wenn auch wir, wie Helmut Schmid, davon nichts verstehen und vor allem nichts daran ändern können Und doch wird das alles uns alle betreffen. Was ist also zu tun? Der Göttinger Professor Universitätsprofessor Hüther, Neurobiologe und Psychiater, empfiehlt als Erkenntnis seiner langjährigen Forschung, eine Haltungsänderung nicht durch Appelle, nicht durch Belehrungen und nicht durch Aufklärung anzustreben, weil das Verhalten eine Folge der Haltung ist, sondern eine Veränderung kann nur gelingen, wenn wir Eingeladen, ermutigt und inspiriert werden. Er konnte beweisen, wenn man mit Begeisterung, mit Freude an eine Sache geht, an eine Sache, die einem am Herzen liegt, dann wächst etwas im Hirn, was er als neuronale Vernetzung bezeichnet Oder einfach ausgedrückt: wenn sie mit mehr Freude und Begeisterung an eine Sache heran gehen, sei es in der Familie, im Beruf, oder für die jungen Zuhörer in der beruflichen Ausbildung, dann wächst ihr Gehirn. Und das ist doch wunderbar. Benutzen sie also ihr Hirn in diesem Jahr mit Begeisterung, mit Freude, dann wachsen ihre emotionalen Zentren im Hirn, ihre neuronalen Verknüpfungen bilden Überschüsse, dann geht es ihnen und uns, der Gesellschaft gut. Dann herrscht ein gemeinsamer Geist Für die Familie der Familiengeist Für den Sportvereint der Teamgeist, und für die Kommune der Gemeinschaftsgeist Denn eine Gesellschaft kann sich am Leiden und Jammern nicht begeistern.

Wir wünschen Ihnen , den Alten und den Jungen, auch wenn es nach den Feiertagen für viele von Ihnen gnadenlos weitergehen wird, dass sie etwas „ vom Stall und von der Krippen“ aufnehmen, was wir an Weihnacht erlebt haben und ins Neue Jahr in den Alltag mit hinüber-retten. Wir vom Gemeinderat wünschen Ihnen altwirtembergisch „ a guets nuis Johr, de xonde Leib, de Friede, de Sege ond de Heilige Geischt“

 


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